Konzept und Umsetzung
Brand Studio
Dufourstrasse 23
8008 Zürich
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In Zusammenarbeit mit Kadi AG.
Code & Design
HEYBEN
Nicht erst, seit der Schweizer Spitzenkoch Daniel Humm bekannt gab, dass in seinem Eleven Madison Park keine tierischen Produkte mehr verarbeitet werden, ist klar: Top-Restaurants müssen vegetarische und vegane Rezepte integrieren. Wir haben bei grossen Namen der Schweizer Gastronomie (und einem Giganten der Systemgastronomie) nachgefragt, wie sie dies tun.
Er gehört zu den höchstdotierten Köchen der Schweiz. Stefan Heilemann kocht im Restaurant Widder in Zürich, er ist mit zwei Guide-Michelin-Sternen und 18 Gault-Millau-Punkten ausgezeichnet, von Gault Millau ist er 2021 mit dem Titel des Schweizer Kochs des Jahres ausgezeichnet worden.
Heilemann konzentriert sich in seiner Küche auf zwei Menüs: das eine mit Fisch und Fleisch, das andere rein vegetarisch. «Wir spüren, dass immer mehr Leute das vegetarische Menü bestellen, oft sind es auch Personen, die Fleisch an sich essen, aber etwas anderes ausprobieren wollen», sagt Heilemann. «Heute sind es etwa zehn Prozent unserer Gäste, die das vegetarische Menü bestellen.»
Heilemann achtet bei beiden Menüs darauf, dass die Aromatik der einzelnen Gänge der beiden Menüs in die gleiche Richtung zielen. «Damit können die Gäste, wenn sie unterschiedliche Menüs haben, doch darüber diskutieren.» Möglich sei es auch, einzelne Gänge in den Menüs auszutauschen.
Der Gastgeber im Widder ist bekannt für seinen gekonnten Umgang mit exklusiven Produkten der Spitzengastronomie – sei es vom Meer oder vom Feld. Diese bereitet er nach der klassischen französischen Küche her, kombiniert sie aber gerne mit heimischen Zutaten oder lässt einen asiatischen Touch einfliessen.
Ein veganes Menü bietet das Restaurant Widder nicht an, auch auf Anfrage nicht. «Wir betreiben jetzt schon einen sehr grossen Aufwand, um das zu erreichen, was wir wollen. Vegane Gerichte sind da nicht mehr machbar», sagt Heilemann. «Das Glück in Zürich ist ja, dass es hier beispielsweise mit dem Restaurant Kle von Zizi Hattab ein hervorragendes veganes Restaurant gibt.»
5000 Mahlzeiten bereitet die Crew von Thomas Marti jeden Tag zu. Damit ist er als Abteilungsleiter Küche am Universitätsspital Zürich mit seinem Team wohl für eine der grössten Küchen des Kantons Zürich verantwortlich – wenn nicht sogar für die grösste. Sie verpflegen dabei alle Patientinnen und Patienten im Unispital, in den Personalrestaurants zudem einen grossen Teil der Mitarbeitenden. Dazu kommen Take-aways oder Caterings.
Den Anteil an vegetarischem Essen kann Marti nur abschätzen. «Der liegt zwischen einem Viertel und einem Drittel – je nachdem, welche Gerichte wir anbieten», sagt er. «Stehen Wiener Schnitzel oder Cordon bleu auf der Karte, haben es vegetarische Gerichte sehr schwer.» Ein Gemüsecurry mit Tofu verkaufe sich immer weniger gut als eines ohne. Bei den vegetarischen Gerichten seien das Spargelrisotto und der Vegiburger die grossen Renner, doch auch neue Kreationen aus eigener Entwicklung wie der Erbsenbrätling würden immer wieder gut ankommen.
Rein vegane Menüs sind für Martis Team noch eine Seltenheit. «Das machen wir nur, wenn die Ernährungsberatung dies für einen Patienten verfügt», sagt Marti. Täglich bereite das Diätküchenteam ein bis vier vegane Menüs zu.
In den Personalrestaurants würden die Mitarbeitenden dagegen täglich saisonale vegane Gerichte finden, die als solche gekennzeichnet sind. «Teilweise können wir die Butter in gewissen Gerichten mit passenden Ölen ersetzen, um das vegane Angebot zu erweitern», sagt Marti.
Vegetarische Gerichte haben die Gäste des Restaurants Truube im appenzellischen Gais in den letzten Jahren immer erhalten – auch wenn diese nicht auf der Karte standen. «In der Küche waren wir jederzeit bereit für ein solches Menü, falls jemand danach gefragt hat», sagt Silvia Manser, eine der bekanntesten Köchinnen der Schweiz. Seit letztem Sommer ist das anders. Manser verzichtet auf A-la-carte-Gerichte, neu bietet sie zwei Genussmenüs an: das eine mit Fisch und Fleisch, das andere rein vegetarisch. Der Gast kann bei beiden Kompositionen zwischen drei und sieben Gänge bestellen – und die Menüs auch nach Wunsch mischen.
Das rein vegetarische Menü werde etwa von 10 Prozent der Kundschaft bestellt. «Wir haben die vegetarische Küche in unserem Restaurant bisher etwas stiefmütterlich behandelt. Die Nachfrage ist in letzter Zeit aber gestiegen», begründet Manser den Entscheid. Sie hat im Restaurant, das schon ihre Eltern als Quartierbeiz betrieben hatten, Sternniveau erreicht. Und sie setzt heute klar auf eine frische und regionale Küche.
Die Spitzenköchin freut sich, dass sie sich nun intensiver mit der vegetarischen Küche auseinandersetzen kann. «Mit ihr kann ich kreativer sein, sie fordert mich mehr heraus.» Bei einem Fleischgang sei vieles vorgegeben. «Sellerie zum Beispiel kann ich braten, grillieren, frittieren, räuchern, schmoren und vieles mehr. Er hat jedes Mal einen anderen Geschmack.»
Auf vegane Gerichte verzichtet Manser in ihrem Restaurant, da nur etwa einmal im Monat danach gefragt werde. «Der Aufwand würde sich nicht lohnen, denn man muss bei der veganen Küche von Grund auf alles neu ansetzen.» Sie selbst besuche durchaus gerne ab und zu ein veganes Restaurant, sagt die Appenzellerin.
Fleisch ist beim bekanntesten türkischen Gericht ganz klar die Hauptzutat: Beim Kebab wird dieses mit etwas Salat und Saucen in Fladenbrot gewickelt. Beim bekanntesten türkischen Restaurant in Zürich spielt es hingegen nur eine Nebenrolle. «Wir haben nur drei Gerichte mit Fleisch auf der Karte, dazu kommt ab und zu ein Special», sagt Elif Oskan, die das Gül im Kreis 4 leitet. «80 Prozent der Gerichte bei uns sind vegetarisch.» Im Gül sei Vegi Alltagskultur.
Oskan hat ihr Restaurant allerdings nicht mit dem Ziel eröffnet, den Gästen möglichst vegetarische Gerichte zu servieren. «Die türkische Küche ist von Grund auf sehr auf Gemüse ausgerichtet», sagt sie. Und im Gül zelebriert die 33-Jährige vor allem die Küche, die sie von ihrer Mutter her kennt. «Bei uns daheim gab es sehr wenig Fleisch – auch, weil es kostspielig ist. Wenn es aber Fleisch gab, wurde das dann zelebriert.»
Bei der Reservation für das Restaurant gebe bereits etwa ein Viertel aller Gäste an, dass sie vegetarisch essen möchten. Noch viel mehr Leute würden im Restaurant selber dann aber auf Fleisch verzichten. «Das Einzige, das bei uns zählt, ist, dass das Essen tasty ist», sagt Oskan. Sie müsse die Gäste mit Handwerk und Leidenschaft überzeugen.
So vegetarisch das Restaurant Gül ist, auf eine vegane Küche ist es nicht ausgerichtet. «Es kommt ab und zu vor, dass jemand nach veganen Gerichten fragt», sagt Oskan. «Wenn wir das im Vorfeld bereits wissen, schauen wir, was in der natürlichen Form unserer Küche machbar ist.» Was sie damit meint: Ein Milchprodukt ersetzt sie nicht durch ein Produkt aus pflanzlicher Basis. Und einige Gerichte auf der Karte seien bereits ohne jegliche tierischen Produkte hergestellt. Zum Beispiel das Vegancun. «Gegrilltes Gemüse auf Brot – das lieben alle.» Solche Gerichte nennt Oskan dann «vegan by nature».
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